
Positive Erfahrungen
Zuallererst: die allgemeine Bildqualität. Die ist Weltklasse. Diverse Testberichte auch kritischer Medien sprechen für sich bzw. für die X-T2. Die JPG-Dateien direkt aus der Kamera sind hervorragend und das Beste, was ich bislang gesehen habe. Da ich jedoch fast immer RAW-Daten verarbeite, ist dies zwar ein nettes Gimmick, war aber nicht kaufentscheidend. Ich bin vor allem von der Dynamik der Kamera sehr begeistert – also von der Möglichkeit, bei der Nachbearbeitung aus dunklen Bildbereichen noch Details herauszuholen. Hier hißte meine EOS 5D Mk II schon relativ früh die weiße Flagge. Abgesoffene Schatten sind kein Problem mehr, ausgefressene Lichter schon eher. Da ist dann oft nichts mehr zu retten, aber dieses Problem kriegen nicht mal die teuersten Kameras am Markt in den Griff. Kann man der X-T2 also nicht anlasten.
Mit der Schärfe und dem Detailgrad der Fotos bin ich ebenfalls sehr zufrieden. Die JPGs direkt aus der Kamera sind, wie schon gesagt, tiptop, die RAW-Fotos können auch was. Allerdings erfordert ein ansprechendes Ergebnis bei Verwendung von Adobe Lightroom als Bildbearbeitungsprogramm eine Umstellung des Workflows, sonst ist man fast zwangsläufig enttäuscht. Mehr Informationen dazu findet Ihr in diesem Artikel.
Das Rauschverhalten ist deutlich besser als bei meiner alten Canon, aber das möchte ich bei fast zehn Jahren Altersunterschied beim Produktdesign auch erwarten. Bis ISO 1600 benutze ich üblicherweise gar keine Rauschminderung und bei ISO 3200 sind die Fotos immer noch gut detailliert und erfordern nur wenig Schliff. Über diesen Wert gehe ich eigentlich nur im Notfall hinaus. Ein paar Fotos meiner Kinder beim Kartfahren habe ich mit ISO 6400 geschossen, da war zwar das Rauschen schon deutlich sichtbar, aber durchaus noch gute Detailzeichnung vorhanden. Über die Bildqualität bei noch höheren ISO-Werten kann ich im Augenblick nichts sagen.
Rentiere bei Tromsø, XF55-200mm F3.5-4.8 R LM OIS @ 200mm, f 5.6, ISO 200, Filmsimulation Velvia
Der elektronische Sucher ist eine tolle Erfindung. Unter anderem deshalb, weil man sich hier alle möglichen Infos einblenden kann. Das kannte ich so vorher nicht. Vor allem im Dunkeln komme ich damit wesentlich weiter als mit meinem alten optischen Sucher an der DSLR. Besonders hilfreich finde ich die Anzeige des Schärfentiefe-Bereichs, was sowohl im AF- als auch im MF-Modus funktioniert. Der Indikator ist ein blauer Balken, dessen Breite abhängig ist von der Blende und der gewählten Aufnahmeentfernung, dargestellt als weißer Strich. Wenn ich diese Markierung auf die Hyperfokal-Distanz einstelle, muß ich mir nie wieder Gedanken über unscharfe Polarlicht-Fotos machen.
Wenn ich über vielen individualisierbaren Knöpfe und Menüs zu schreiben anfangen würde, könnte man damit –zig Seiten füllen. Auf so was stehe ich total. Derzeit habe ich noch viele dieser Anpassungsmöglichkeiten im Default-Setting belassen, aber mit wachsender Erfahrung werde ich von den zahlreichen Optionen zur Einstellung auf meine Vorlieben sicher Gebrauch machen.
Was ich Fujifilm sehr hoch anrechne, ist das „Kaizen“ genannte Commitment, die Kamera durch Firmware-Upgrades über einen längeren Zeitraum immer wieder aktuell zu halten und sogar mit neuen Features auszustatten. Ich benutze die Software-Version 2.10, die schon einige Verbesserungen brachte und warte auf die Version 3, die im Sommer erscheinen und weitere Features hinzufügen soll. An dieser Upgrade-Politik können sich alle anderen Kamera-Hersteller gerne eine große Scheibe abschneiden.
Ein wichtiger Kaufgrund waren auch Größe und Gewicht der Kamera und des Zubehörs. Mein komplettes Equipment ist angenehm handlich und wiegt in etwa so viel wie eine Canon EOS 5D Mk III mit dem 24-105er Kit-Objektiv. Das macht sich auf Wanderungen positiv bemerkbar oder an Tagen, an denen man die X-T2 mit einem Objektiv permanent um den Hals trägt, wie z.B. bei Geburtstagen oder Hochzeiten.
Weiteres cooles Feature: die Filmsimulationen. Die Farbprofile meiner Canon EOS 5D MkII unterschieden sich bei der späteren Entwicklung in Lightroom eigentlich nur geringfügig, und bis auf „Camera Standard“ fand ich die meisten eher doof. Die einzelnen Filmsimulationen der X-T2 hingegen erzielen einen jeweils ganz eigenen unverwechselbaren Look und laden zum Experimentieren ein. Ich habe mir mittlerweile angewöhnt, die JPGs in der Kamera im Schwarzweiß-Profil Arcos zu erstellen und eine Vorschau des Filmeffektes auf dem LCD anzuzeigen. Das hilft mir bei der Suche nach besseren Bildern. Wenn ich jetzt irgendwo etwas fotografieren möchte und auf dem LCD erkenne, daß das Motiv in schwarzweiß langweilig aussieht, dann macht es vermutlich auch in Farbe nicht nicht viel mehr her und kann getrost ignoriert werden.
Negative Erfahrungen
Viel gibt es nicht zu meckern. Die Kamera zieht deutlich schneller die Akkus leer als meine alte 5D Mk II. Ich betreibe sie aber auch eigentlich immmer im Boost-Modus, also ist das kein Wunder. Mit drei Ersatz-Akkus und einem Ladegerät, das auch im Auto betrieben werden kann, komme ich eigentlich überall mindestens einen Tag lang hin. Aber vielleicht könnte Fujifilm den Nachfolgern der X-T2 Batterien mit höherer Kapazität spendieren, das wäre toll.
Im Menü-Punkt „My Menu“ kann man nicht alle gewünschten Funktionen unterbringen, weil das für manche deaktiviert ist. So hätte ich z.B. gerne den Punkt „Formatieren“ dabei, aber genau der geht eben nicht ins Custom-Menu aufzunehmen. Auch lassen sich die konfigrurierbaren Funktionstasten nicht mit allen Funktionen belegen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Die Drehrichtung bei den Zoomobjektiven ist genau umgekehrt wie bei meinem alten Equipment. Die Umstellung dauert noch etwas. 20 Jahre Canon-Konditionierung kann man eben nicht ohne weiteres abschütteln.
Neben dem Okular des Electronic Viewfinders (EVF) gibt es ein Einstellrädchen zur Dioptrienkorrektur, das man im täglichen Betrieb allzu leicht verstellen kann. Leider besitzt es keinerlei Skala, an der man sich orientieren könnte, welchen Wert man eingestellt hat. Oder wenigstens einen Strich für den Nullpunkt, weder am Rad selbst noch im Display der Kamera. Und im Sucherbild des EVF ist den optimalen Wert zu finden ist recht nervig.
Nachtrag: der gesamte Spielraum geht über 15 Klicks, die vermutliche Neutralstellung hat man also nach 8 Klicks erreicht.
Aber das war’s im Großen und Ganzen auch schon. Nicht übel, oder? Manche Verbesserungen kann Fuji vielleicht eines Tages per Firmware Update nachreichen. Und dann habe ich endlich meine perfekte Kamera.

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