Wintertour 2014, Teil 2

Abisko, schwedisch Lappland und Narvik

10 Mrz 2014 Wintertour 2014, Teil 2


Samstag, 8. März

Aua im Bauch läßt mich zeitig wach werden. Verdammte Kjöttbullar! Oder war es doch der mächtige Elchburger, bei dessen Zubereitung ein komplettes Tier draufging? Egal, dann esse ich eben heute weniger. Viel Zeit zum gemütlich Frühstücken bleibt uns eh nicht, weil wir Adrian wieder nach Evenes zum Flughafen bringen müssen. An sich nicht das Problem, aber über Nacht hat es ordentlich geschneit, und für den fünfzig Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen Björkliden und Narvik sind weitere heftige Schneefälle mit Sturmböen angesagt. Die Passage kann trotz Allradantriebs durchaus zeitkritisch und nicht ganz ungefährlich werden. Adrian und ich kennen bereits die Situation, daß man auf den hiesigen Straßen bei solcher Witterung teilweise nur so weit sehen wie man spucken kann. Schneeverwehungen sind auch nicht ohne. Lappland ist nichts für Pussies.
Ich dränge darum auf zeitige Abfahrt. Schnell noch die Rechnung beglichen. Gut, daß Ruben heute keinen Rezeptionsdienst hat. Sonst stünden wir vermutlich am Mittag noch hier. Aber dank einer hervorragenden Gruppenleistung kommen wir eine Stunde vor dem geplanten Estimate vom Hof.
Bis zur Riksgränsen ist die Fahrt zwar mühselig, doch immerhin kommen wir halbwegs gut voran. Kein Verkehr außer ein paar versprengten Einheimischen. Doch je höher wir kommen, um so heftiger weht der Wind den Schnee über die Straße. Stellenweise muß ich auf Fahrradgeschwindigkeit abbremsen. Kurz vor dem Björnfjell, durch das die Grenze zu Norwegen verläuft, haben wir auf einmal zwei deutsche Wohnwagengespanne vor uns. Völlig irre, bei dem Schneesturm! Ab jetzt kriechen wir erst einmal einige Kilometer hinter denen her, bis sich der Formation Leader der Camper dazu entschließt, rechts ran zu fahren und uns passieren zu lassen. Man kann jetzt nun nur noch erahnen, wo die Straße verläuft. Am besten hält man sich leicht rechts der Mitte zwischen den roten Begrenzungsstangen für den Winterdienst. Unterwegs treffen wir auf liegengebliebene LKW. Das ist sicher kein Spaß, bei dem Wetter hier stundenlang auszuharren, bis man aus der Schneewehe gezogen wird.
Irgendwann haben wir die E10 am Rombaksfjord erreicht. Ab hier wird das Wetter besser. Obwohl: habe ich besser gesagt? Nun, schneien tut’s nicht mehr, aber der Wind weht mit Orkanstärke und der Regen kommt von der Seite. Beim Aussteigen in Evenes müssen wir nach vorn gebeugt laufen, um gegen die heftigen Böen anzukommen. Das kann für Adrian ja ein sehr unterhaltsamer Flug werden! Immerhin wird er wieder im Cockpit mitfliegen,  und da vorne lassen sich die zu erwartenden heftigen Turbulenzen am ehesten aushalten. Wir anderen sehen zu, daß wir schleunigst nach Narvik kommen.
Wir residieren im neuen Rica-Hotel, das mir schon im letzten Jahr sehr gut gefallen hat. Deswegen habe ich mir dies auch als Abschluß der Reise gewünscht. Unsere Zimmer liegen im 11. Stock des architektonisch recht ausgefallenen Gebäudes. Sieht aus wie ein großer verglaster Trichter. Die Aussicht auf die Stadt können wir später noch genießen – erst mal haben Lukas und Micha Hunger. Wir suchen einen Imbiß im nahegelegenen Einkaufszentrum auf. Ich halte mich zurück. Erstens verrichtet bei mir das Kjöttbullar-Elchburger-Konglomerat noch ganze Arbeit, und zweitens will ich mir etwas Appetit für das Abschlußessen im sehr guten Hotelrestaurant aufheben. Ich gehe zurück aufs Zimmer und nehme erst einmal eine heiße Dusche. Die tut gut.
Kurz vor Ende der Reise folgt noch etwas Kultur: wir besuchen das Kriegsgedenkmuseum, das nur einen Steinwurf von unserem Domizil entfernt liegt. Bahnbrechende neue Erkenntnisse über die deutsche Besatzungszeit während des zweiten Weltkrieges gewinnen wir heute zwar nicht, aber eine solide Zusammenfassung der historischen Ereignisse ist auch nicht zu verachten.
Die Zeit bis zum Abendessen verdöse ich im Bett. Im Restaurant “Tind” wird qualitativ Hochwertiges aufgetischt. Ich beschränke mich heute auf zwei Vorspeisen – Artischockensuppe mit Kabeljau sowie Königskrabbe vom Grill. Lecker. Den ersten “Verteiler” trinke ich noch direkt am Tisch, die restlichen dann in gemütlicher Runde in der Sky Bar im 14. Stock. Bei ein paar Kaltgetränken wird noch einmal ein ausführliches Resümee der Reise gezogen, bevor wir uns kurz vor Mitternacht zurückziehen. Ich schlafe bei offenen Vorhängen, mit herrlichem Blick auf das Lichtermeer der Stadt, relativ schnell ein. Und dank eines der komfortabelsten Hotelbetten aller Zeiten auch richtig gut durch. Ein schöner Abschluß unserer Wintertour.

 

Sonntag, 9. März

Ein letztes Highlight wartet auf uns mit dem opulenten Frühstücksbuffet. Mir geht es inzwischen wieder gut. Der Elch ist verdaut, auch wenn er sich lange gewehrt hat, der zähe Bursche. Aber gegen die geballte Ladung Fernet Branca, die ich mir gestern Abend an der Hotelbar reingezogen habe, hatte er letztlich doch keine Chance. Ich habe jedenfalls Appetit und lange am Büfett ordentlich zu. Falls ich mal wieder nach Narvik komme, werde ich auf jeden Fall wieder in diesem Hotel übernachten.
In Evenes ist das Wetter immer noch stürmisch, auch wenn wir heute – im Gegensatz zu gestern – von der Mietwagen-Rückgabe-Station aufrecht zum Terminal laufen können. Am Flughafen Harstad/Narvik ist gerade richtig was los, denn in der Umgebung findet eine großangelegte Militärübung statt, an der auch zahlreiche Flugzeuge beteiligt sind. Die will ich sehen. Schnell durch die Security durch, wo derzeit die Jugendbrigade “17.Mai” mit ein paar sehr ansehnlichen Norwegerinnen Dienst hat. Die freuen sich ebenfalls über ein paar gutaussehende Typen wie uns, und so wird natürlich jeder mit großer Sorgfalt kontrolliert. Vom Warteraum aus sehe ich, wie gerade vier UH-1 aus einer AN-124 entladen werden. Ansonsten ist alles hier, was Rang und Namen hat: Jumbo, Hercules, Transall, Orion usw. Bald kommt auch unsere kleine SAS-Boeing angerollt, und wir fliegen über Oslo zurück nach Hause.

<<< Ersten Teil (Lofoten) verpaßt? Hier geht’s lang. >>>