01 Okt 2012 Lofoten 2012
Montag, 10. September
Obwohl wir das Haus derzeit für uns alleine haben und uns je nach Lust und Laune überall verteilen könnten, ziehe ich dennoch mit meinem alten Herrn ein Zimmer. Trotz seines gelegentlichen Schnarchens haben wir beide ganz gut geschlafen. War ja gestern auch ein langer Tag. Weil bei unserer verspäteten Anreise am Abend schon alle Läden zu hatten, fahren wir als erstes nach Leknes ins Lofotsenteret, um ein paar Lebensmittelvorräte einzukaufen. Bei der Bäckerei „Kringla“ bekommt man exzellente Brötchen. Wieder zurück im Haus wird ausgiebig gefrühstückt und dann das Programm für den Tag besprochen.
Heute steht unsere erste Wanderung an. Wir wollen’s nicht gleich übertreiben und entscheiden uns für die Strecke von Nusfjord nach Nesland, die auf der Karte weder allzu lang noch allzu anspruchsvoll aussieht. Schauen wir mal. Nach einer halben Stunde Autofahrt erreichen wir den Startpunkt in Nusfjord. Hinter dem historischen Museumsdorf beginnt der schmale Pfad und führt geradewegs in die Berge hinein. Die Küstenlandschaft ist hier ziemlich zerklüftet, was wir bereits auf den ersten Kilometern zu spüren bekommen. Es ist weniger Wandern als vielmehr Klettern, wir kommen also nur langsam voran. Nach einer Stunde die erste Pause an einem Bach. Der wäre was für Johannes, hier kann man toll auf die Felsen klettern und zwischen ihnen hin und her springen. Die Stelle wird im Geiste vorgemerkt für den nächsten Jungsurlaub mit meinem Sohn.
Ab hier wird der Weg doch sehr beschwerlich. Nach einer weiteren Stunde Kraxelei über Stock und Stein erreichen wir einen Talkessel und stehen plötzlich vor einer etwa 10 Meter hohen Leiter aus Birkenstämmen – oben angelehnt an eine Klippe, die wir erklimmen müssen, wenn wir unseren Weg bis Nesland fortsetzen wollen. Ich schaue meinen Vater, er schaut mich an und wir beide beschließen einstimmig: „Nee, hier drehen wir um!“ Eine kleine Trinkpause gönnen wir uns aber noch, bevor wir den Rückmarsch nach Nusfjord antreten. Als wir das Tal fast schon wieder verlassen haben, hören wir plötzlich Geräusche hinter uns. Da kommt eine größere Wandergruppe aus Nesland über die Klippe und bemüht sich, die eben erwähnte vorsintflutliche Leiter unbeschadet hinab zu steigen, was zumindest aus der Entfernung nicht ganz einfach ausschaut. Zwei Stunden Rückweg liegen nun vor uns, und als wir wieder am Startpunkt ankommen, sind wir doch etwas platt. Die Beschaffenheit des Wanderpfades mit all seinen Kletterabschnitten war nicht ohne. Immerhin haben wir im Vergleich zur ursprünglich geplanten Strecke einiges an Zeit eingespart und darum etwas Luft für eine kleine Rundfahrt auf den Inseln Flakstadøya und Moskenesøya. Wir halten an den bekannten Stränden in Skagsanden und Ramberg, wo heute absolut nichts los ist. Sonst schwirren hier ja immer Horden von Fotografen herum, aber im Augenblick sind wir die einzigen Menschen an diesem Küstenabschnitt.
Weiter geht die Tour nach Reine. Mein Dad kennt das tolle Panorama schon aus dem Fotobuch, das ich ihm zur Vorbereitung dieses Urlaubs geschenkt habe. Erwartungsgemäß gefällt auch ihm die Szenerie, in die wir gleich ein wenig tiefer eintauchen wollen. Das Auto bleibt am großen Parkplatz direkt an der E 10 stehen, wir spazieren nach Downtown Reine, wo die fotogenen Rorbuer stehen. Da wir vorhin die Wanderung abgekürzt haben, bleibt jetzt noch etwas Zeit für eine Zu-Fuß-Erkundung des weitläufigen Areals. Zum Fotografieren sind diese Häuschen ja ganz toll, aber wohnen würde ich hier nicht wollen. Ständig laufen hier wildfremde Leute herum und machen Fotos, dazu kommt der permanente Fluglärm durch die Möwen und schließlich – aber daran, immerhin, gewöhnt man sich mit der Zeit – der alles durchdringende Fischgeruch. Im „Blomster-Café“ gönnen wir uns einen kleinen Snack zum Kaffeetrinken, bevor unsere kleine Inselrundfahrt weitergeht.
Diese Tour, die ich mit allen neuen Reisegefährten unternehme, endet im Westen der Lofoten, im Ort mit dem berühmten kurzen Namen – Å. Hier kann man abends die Sonne über den vorgelagerten Inseln Værøy und Røst untergehen sehen, wenn sie denn scheint. Heute ist es schon den ganzen Tag bewölkt und jetzt auch etwas windig, weshalb unser Besuch hier recht kurz ausfällt. Obendrein ist auch bald Zeit fürs Abendessen. In der Hinsicht kennt mein alter Herr wenig Flexibilität. Sei es ihm gegönnt, ich habe auch ein wenig Appetit bekommen. Wir schauen uns zunächst in der Nähe um, denn in Sørvågen gibt es ein recht gut beleumundetes Restaurant namens „Maren Anna“, das dummerweise Montags Ruhetag hat. In der „Gammelbua“ in Reine ist leider heute geschlossene Gesellschaft, aber das haben wir vorhin schon gelesen – also fahren wir zurück nach Hause und suchen uns dort auswärts etwas zu essen. Kochen dauert zu lange. Weil Papas optimale Fütterungszeit bereits hinter uns liegt, und ich die meisten Lokale in Leknes – sind ja eh nur eine Handvoll – nicht richtig einschätzen kann, gehen wir ins „Pepe’s Pizza“, wo man wenigstens recht schnell etwas zu futtern bekommt. Pizza ist zwar normalerweise nicht so Vadders Geschmack, aber heute scheint er doch mal Lust drauf zu haben, und wir teilen uns eine große mit Allem.
Den Abend verbringen wir wieder im und am Haus. Mein alter Herr macht es sich auf dem Sofa bequem und liest. Da die Wolken wieder etwas aufgerissen sind, gehe ich noch mal schnell draußen und knipse ein paar Außenaufnahmen von Anne Gerds neuem Heim. Ich bin wieder mal begeistert, wie sehr sich ihre Wohnsituation verbessert hat. Ein riesengroßes Grundstück mit Vorgarten und Wiese, und keine 30 Meter hinter dem Haus (und direkt am Garten anschließend) liegt der See. Traumhaft!