Lofoten 2012

mit meinem alten Herrn auf Sohn-Papa-Urlaub

01 Okt 2012 Lofoten 2012

Februar 2015: Beim Aufräumen meines Outlook-Postfachs sind mir heute eine Reihe alter Emails in die Hände gefallen, die ich den Daheimgebliebenen von meinem ersten Vater-Sohn-Urlaub mit meinem eigenen Dad geschrieben hatte. Diese Reise führte uns im September 2012 auf die Lofoten und war meine erste und bislang einzige Herbsttour ins nördliche Norwegen. Den Text der Emails habe ich ein wenig überarbeitet, damit er dem Stil der anderen Reiseberichte entspricht.

Sonntag, 9. September

 

Mein Dad feierte im Januar seinen 60. Geburtstag, und auf der Suche nach einem gescheiten und nach Möglichkeit denkwürdigem Geschenk bin ich irgendwann auf eine Vater-Sohn-Tour gekommen. Erstens, weil wir das vorher noch nie gemacht haben. Zweitens wollte ich auf solch einer Reise derjenige sein, der alles bestimmen darf. 🙂 Normalerweise kümmert sich ja mein Papa immer um die komplette Reiseplanung, aber dieses Mal sollte er sich einfach mal zurück lehnen und alles auf sich zukommen lassen. Unter anderem aus diesem Grund habe ich mich für die Lofoten entschieden, weil ich mich hier auskenne und auf unvorhergesehene Ereignisse (wie z.B. schlechtes Wetter) flexibel und gelassen reagieren kann. Ich bin gespannt, ob das klappt.
Die erste Hürde hat der Vater immerhin schon mal genommen. Mein alter Herr hat’s ja nicht so mit der Deutschen Bahn, die in seinen Augen ein Verein von Nixkönnern ist. Da wir jedoch heute von Frankfurt aus fliegen werden, mußte er sich gestern doch überwinden und mit dem Zug zu uns fahren. Aber ich bin ja kein Unmensch und erleichterte ihm die Aufgabe ein wenig, indem ich ihn in Nürnberg mit dem Auto abgeholt habe.
Wir nehmen heute wieder mal die ultraschnelle Mittagsverbindung mit Scandinavian Airlines von Frankfurt über Oslo nach Harstad/Narvik. In gut fünfeinhalb Stunden ist man (fast) am Ziel, lediglich eine kurze dreistündige Autofahrt muß nach der Landung noch absolviert werden – aber die gehört für mich immer schon zum Urlaub dazu. In Oslo ist die Umsteigezeit, in der man bei der Einreise nach Norwegen immer sein Gepäck abholen und wieder neu einchecken muß, bei unserer Flugkombination immer ein wenig knapp, aber heute haben wir Glück. Unser Flieger startet und landet pünktlich, und in Gardermoen ist gerade nicht viel Betrieb, so daß wir nach der Sicherheitskontrolle sogar noch Zeit für einen kurzen Snack haben.
In Evenes bekommen wir einen nagelneuen Ford Fiesta bei der Mietwagenausgabe, und die ersten Kilometer der Fahrt bis zum neuen Haus unserer Gastgeberin vergehen wie im Flug. Anne Gerd ist ja im Frühjahr 2012 von Svolvær nach Stamsund umgezogen, weil sie den ewigen Querelen mit den Nachbarn um den Betrieb ihres Bed&Breakfast ein für alle Mal aus dem Weg gehen wollte. Jetzt besitzt sie ein alleinstehendes Haus mit Riesengrundstück – direkt am Ufer eines malerischen Sees, mit eigenem Zugang.
Allerdings komme ich nicht dazu, sie zu dieser Wahl zu beglückwünschen, denn bereits kurz nach der Tjeldsundbrücke, etwa 20 Minuten nach der Abfahrt am Flughafen, erhalte ich eine SMS, die uns kurz und knapp mitteilt, daß unsere Herbergsmutter gar nicht zu Hause, sondern auf dem Festland weilt. Nicht ganz freiwillig, aber vorige Woche ist ihr Ex-Mann gestorben. Sein Körper muß unter die Erde und sein bescheidener Nachlass unter die Erben kommen, und so ein Ereignis wird in Norwegen immer mit einer großen Familienzusammenkunft gewürdigt. Dazu kommt die Frage, ob wir Anne Gerds Auto in Evenes abholen könnten, denn ihre beiden Schwestern haben während der letzten Tage ihr neues B&B geführt und sind jetzt auf dem Weg zum Flughafen, um von dort die Weiterreise anzutreten. Na gut, den Wunsch kann man schwerlich abschlagen – also fahren wir wieder zurück auf Los und warten auf die Ankunft der Schwestern, denen ich im Übrigen nie zuvor begegnet bin. Aber das Auto, das kenne ich. Bereits nach einer halben Stunde Wartezeit treffen wir die Verwandten unserer Gastmama, die jetzt mal eben schnell nach Haugesund in Südnorwegen fliegen wollen, um dann am Freitag zum großen Leichenschmaus im Kreise der dezimierten Familie wieder hier im hohen Norden einzutreffen.
Das bedeutet allerdings, daß mein Dad jetzt doch zumindest bis Svolvær selbst fahren muß. Dort soll Anne Gerds Sohn Marius das Auto seiner Mom übernehmen, um damit einen Tag später aufs Festland zu seiner Mutter zu fahren. Natürlich ist der nicht anwesend, als wir am vereinbarten Übergabeort eintreffen, also deponieren wir den Autoschlüssel im offenen Keller ihres alten Hauses und geben die Location per SMS weiter. Auf der weiteren Fahrt kann sich mein Vater endlich entspannen und die herrliche Landschaft genießen. In Leknes, also schon kurz vor dem Ziel, halten wir noch mal kurz am Supermarkt an und gehen ein paar Lebensmittelvorräte für die nächsten Tage einkaufen.
Das neue Haus ist viel besser als das alte – doppelt so viel Wohnfläche, viel höherwertige Ausstattung und auch deutlich moderner gebaut. Nicht zu vergessen der Riesengarten, also bei diesem Kauf hat sie Anne Gerd alles richtig gemacht. Und das Beste: die Hütte gehört uns bis Mittwoch alleine, da können wir uns ein Gästezimmer aussuchen. Super! Wir essen gegen halb zehn zu Abend, danach relaxt mein Vater beim Lesen auf dem Sofa, während ich ein paar Fotos für die neue Internetseite knipse.