15 Aug 2011 Lofoten 2011
Sonntag, 31. Juli
Heute steht ein wenig Kultur auf dem Programm. Wir steigen nach einem späten Frühstück gut gestärkt ins Auto und fahren nach Westen. Die mittlere Lofoteninsel Vestvågøya ist unser Ziel. Da Johannes von der Reise ein wenig mehr mitnehmen soll als die Erinnerung ans Steinewerfen an diversen Orten, besuchen wir das Wikingermuseum in Borg. Es fällt mir sofort positiv auf, daß die Anlage von Jahr zu Jahr erweitert wird. Wir schließen uns einer gerade beginnenden deutschsprachigen Führung an, bei der auch noch weitere Kinder anwesend sind. Meine Hoffnung, der Guide möge sich bei der Präsentation wissenschaftlicher Fakten auf sein zu einem Drittel junges Publikum einstellen, wird nicht enttäuscht. Locker und sehr anschaulich werden uns Einblicke in das Leben der Wikinger vermittelt, so daß Johannes auch kurz vor dem Ende des Rundgangs durch das große Langhaus noch voll bei der Sache ist. Besonders gut gefällt mir, daß man alles ausprobieren kann. Mein Sohn versucht sich am Mahlen von Getreide und freut sich, daß seine anstrengende Arbeit am Mühlstein, Modell „Table Top compact 1240“, immerhin mit einer kleinen Handvoll Mehl belohnt wird. Im Hauptraum werden gerade ein Kessel Eintopf und einige Fladenbrote nach überliefertem Rezept fertiggestellt. Da trifft es sich gut, daß wir etwas Appetit mitgebracht haben, und so bestellen wir zwei Portionen. Johannes, der sonst wirklich nicht alles an Gemüse ißt, was ihm vorgesetzt wird, verspeist seinen Pott Suppe mit großem Appetit und langt auch bei meiner Schüssel noch mal zu. Heute schmeckt auch das von mir im letzten Reisebericht als etwas zu trocken beanstandete „Flätbröd“ sehr gut – schließlich kann man es in die Brühe tunken.
Nach diesem Festmahl spazieren wir runter zum See Borgvatnet, wo sich ein kleiner Außenbereich des Museums befindet, und zwar ein Bootshaus mit Anleger und traditionellem Segelschiff, ein Lagerschuppen und eine Schmiede. Weil hier kurz nach dem Ende unseres Urlaubs, immer am ersten Wochenende im August, das jährliche Wikingerfestival stattfindet, haben sich die ersten Handwerker schon mal eingefunden und geben – authentisch kostümiert – eine Kostprobe ihrer Kunst. Glücklicherweise ist der Schmiedemeister ein Landsmann und übersetzt für Johannes die wichtigsten Teile seines kleinen Vortrages über sein Handwerk.
Es gibt kaum ein Gewässer, an dem mein Sohn vorbeigehen kann, ohne dort Steine hinein zu werfen. Und so kann ich eine Runde Siesta im Gras einlegen, während Jo die durchschnittliche Wassertiefe des Sees Borgvatnet in Ufernähe etwas reduziert. Das Einzige, was wir heute nicht mehr mitmachen können, ist eine Rudertour mit dem traditionellen Langboot der Wikinger. Die nächste Fahrt startet erst in einigen Stunden, und bis dahin hat mein Sohn entweder eine neue Mole aus kleinen Steinen aufgeschüttet oder ihm wird doch irgendwann langweilig. Letzteres tritt zuerst ein, und wir laufen wieder zum Parkplatz zurück, um die schönen Strände der Insel zu besuchen.
Oberhalb von Mærvoll am Tangstadfjord stellen wir unser Auto ab und wandern über die alte Paßstraße in Richtung Unstad. Oben am Scheitelpunkt soll noch irgendwo ein Geocache herumliegen. Den will Johannes finden. Es dauert auch nicht lange, bis er den „Schatz“ entdeckt hat – viele Versteckmöglichkeiten gibt es hier ja nicht. Wir laufen zurück zum Wagen und fahren noch weiter runter, bis zum Strand von Unstad, wo die grünen Steine auf große Begeisterung bei meinem Sohn stoßen. Ein paar Runden Springen von Stein zu Stein ist immer drin.
Mittlerweile haben wir Nachmittag, und weil Anne Gerd wieder gemeinsames Abendessen gewünscht hat, machen wir uns so langsam auf den Rückweg. Nicht jedoch, ohne dem „Lofotsenteret“ in Leknes und dem darin eingebauten großen Spielzeugladen einen Besuch abzustatten. Schließlich hat Johannes sein gesamtes Reisegeld bislang tapfer zusammengehalten und sucht jetzt nach einer Möglichkeit, dem Laden zu etwas Umsatz zu verhelfen. Allerdings ist er etwas enttäuscht, daß es hier doch ein zu 90% mit Deutschland identisches Warenangebot gibt. Also bleibt das Geld, wo es ist, und wir fahren wieder nach Osten.
Auf Gimsøya strahlt die Sonne heute richtig, darum machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Strand in Vinje, wo mal wieder – man ahnt es bereits – Steine durch meinen Sprößling ins Wasser befördert werden. Ich habe somit etwas Zeit, um ein paar Panoramafotos dieser herrlichen Location zu schießen. Nach den beiden Pflicht-Programmpunkten suchen wir für unsere daheimgebliebenen Mädels noch ein paar schöne Muscheln als Mitbringsel. Da wir heute schon einige Zeit im Auto verbracht haben, stelle ich Johannes frei, ob er nach dem Abendessen mit mir an die Außenseite der Insel Austvågøya zum Sonnenuntergang mitkommen will oder lieber im Kreise der Familie Lind noch etwas Lego spielen. Während sich Anne Gerds Tochter Julia im Laufe des Tages wieder nach Südnorwegen zum Studium zurück begeben hat, ist Marius immer noch da und hat das große Piratenschiff fast fertig gestellt. Somit fällt die Wahl nicht schwer, und mein Sohn bleibt daheim.
Ich schaue mich rund um Laukvik etwas um, ob ich vielleicht ein paar mir unbekannte Fotospots ausfindig machen kann, aber so viel Neues gibt es hier heute nicht zu entdecken. Also entscheide ich mich für einen Abstecher zum Pavillon in Grunnfør und werde belohnt. Die komplette Wiese rund um diesen fotogenen Holzbau ist mit blühenden „Geitrams“, den lila Buschweidenröschen, zugewachsen. Hier entstehen heute einige meiner Lieblingsbilder der Lofoten. Zu noch mehr Fahrkilometern habe ich jedoch heute keine richtige Lust mehr und mache mich auf den Rückweg.
Obwohl wir mittlerweile halb elf haben, ist Johannes putzmunter und fleißig am Lego spielen, als ich am Haus eintreffe. Immer noch ist es taghell, wie soll man denn da bitteschön müde werden? Gemeinsam gehen wir noch mal vor zum Affenfelsen, rufen Melanie daheim an und warten im Abendsonnenschein auf die Abfahrt der nordgehenden Hurtigruten aus Svolvær. Eine halbe Stunde vor Mitternacht gehen wir ins Bett. Und die Sonne ist immer noch da…