Lofoten 2009

Weiter nach Norden

30 Jun 2009 Lofoten 2009

Samstag, 13. Juni

 

Der Wind hat etwas nachgelassen, aber als wir morgens aus dem Fenster schauen, weht es immer noch recht heftig. Die Fährstrecke zur Insel Senja soll angeblich eine der schönsten in ganz Norwegen sein. Nun ja. Sonderlich spektakuläre Ausblicke gibt’s hier nicht, dafür aber ganz schöne Wellen. Ich habe vorgesorgt und mir kurz vor dem Boarding noch eine Dröhntablette eingeworfen, die mich jedoch schnell müde macht, so daß ich auch noch die halbe Fahrt verschlafe. Micha muß fahren, da mich die Reisepille ziemlich dösig hat werden lassen. Ich setze ich mich heute sicherheitshalber mal lieber ganztägig auf den Beifahrersitz. Von Senja sehe ich dann auch nicht allzuviel, aber das Wenige, das ich nicht verschlafe, gefällt mir durchaus. Erinnert mich ein wenig an die Gegend um Lillehammer, nur mit mehr Birken statt Nadelbäumen. Obwohl: wenn ich’s mir recht überlege, sieht es eigentlich überhaupt nicht wie Lillehammer aus. Außerdem ist die ganze Region hier auch nur spärlichst bewohnt, selbst die sonst an jeder Ecke lauernden Sommerhäuser muß man hier länger suchen. Auf der weiteren Fahrt schlafe ich immer mal wieder ein und werde erst ca. eine Stunde vor unserem Ziel Tromsø wenigstens vorübergehend halbwegs wach. Reisetabletten: Boah, Alter! Was für ein krasser Stoff!
Die Landschaft hier oben ist ein echter Kracher und läßt alte Erinnerungen an die Hardanger-Region aufkommen. ‚Hier würde es Melanie sicher gefallen‘, denke ich so vor mich hin und entwickle direkt schon einen Reiseplan für unseren ersten gemeinsamen Lofotenurlaub. In Tromsø selbst bringen wir nur schnell unsere Klamotten ins Hotelzimmer und gehen danach gleich wieder zum Shoppen in die Stadt. Während unserer Herdaktion bei Anne Gerd vorgestern ist meine Jeans kaputtgegangen, da könnte ich gut und gerne Ersatz gebrauchen.
Die Sonne scheint, die Temperaturen liegen so um die 15°C, da ist es im Stadtzentrum rappelvoll. Die Cafés haben alle Tische draußen stehen, die wiederum vollbesetzt sind. Leute ohne Ende flanieren durch die Straßen, und die Stimmung hat geradezu etwas Volksfesthaftes. Auf dem Platz vor dem größten Einkaufszentrum traue ich plötzlich meinen Ohren nicht: Eine Blaskapelle spielt doch tatsächlich den Marsch „Alte Kameraden“. Erinnerungen an den Film „Das Boot“ werden wach, und unwillkürlich wandert mein Blick zum Hafen, ob nicht vielleicht ein U-Boot der deutschen Marine gerade hier einläuft. Natürlich nicht.
Endlich finden wir auch mal einen Laden mit gescheiten Norwegen-Souvenirs. Dort decken wir uns, soweit noch Mitbringsel-Bedarf besteht, gleich ein. Auch eine neue Jeanshose bekomme ich, der Shop heißt „M.A.S.“, ist ziemlich teuer, kann dafür aber mit Tromsøs höchster Schnittendichte beim Personal aufwarten. Und das Beste: die Hübscheste von allen bedient mich. Sie hat sich aus meiner Sicht auch den Titel „Schönste echte Norwegerin der Reise 2009“ verdient. Sieht so aus, wie man sich eben ein echtes Nordland-Babe vorstellt: Groß, schlank, lange Beine, blond, blauäugig (na ja, stimmt nicht ganz, sie hat eher braune Augen).
Wenn man einen umfassenden Ausblick auf die Stadt haben möchte, dann ist das nirgendwo in Norwegen so einfach wie hier. Auf den Hausberg fährt eine Seilbahn, die einen in knapp 5 Minuten auf ca. 400 m Höhe bringt, von wo aus man eine tolle Sicht auf die umliegende Umgebung hat. Wer mag, kann auf dem weitläufigen Fjell noch die eine oder andere Wanderung dranhängen. Diverse Hütten wurden in diesem Gebiet verteilt, so daß man immer auch Gelegenheit zum Rasten findet. Viele Tromsøer nutzen die Strecke am Rand des Fjells entlang übrigens zum Joggen, die ganz harten laufen obendrein auch noch den Berg hoch und wieder runter – Respekt!
Nachdem wir von unserem Aussichtspunkt zurückgekehrt sind, statten wir der berühmten Eismeer-Kathedrale noch einen kurzen Besuch ab. Diese Kirche erhielt ihren Namen deshalb, weil die Betonplatten, aus denen sie gebaut ist, wie ineinander verkeilte Eisschollen angeordnet sind. Ein echter Leckerbissen für Architekturfotografen.
Micha und ich wollen eigentlich noch die Insel Tromsøya umrunden, auf der die Stadt liegt, die Rundfahrt verschlafe ich allerdings fast komplett. Boah, was für ein Teufelszeug, diese Reisetabletten! Fürs Abendessen haben wir einen Sushi-Laden am Hafen, in unmittelbarer Nachbarschaft des Hotels, ausgesucht. Das Essen ist lecker und, was das Beste ist, der Heimweg nur ein paar Schritte lang.
Ich bin nach dem Essen total platt, gehe ins Hotel, quetsche mir noch ein paar Stichpunkte für den Reisebericht aus dem Hirn und lege mich dann ins Bett. Ein bißchen schade für Micha ist das schon, weil er alleine noch mal losziehen muß. Dabei böte Tromsø als Universitätsstadt von allen Orten unserer bisherigen Reise sicher das interessanteste Nachtleben, das sich laut Berichten auch vor dem weit größerer europäischer Städte nicht zu verstecken braucht. Nun, dann weiß ich schon was fürs nächste Mal…