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am Firth of Forth

Sonntag, 29. September

Heute soll das Wetter nicht ganz so prächtig werden wie gestern. Macht aber nix, denn wir haben uns für den Vormittag eine indoor-lastige Attraktion zur Besichtigung auserkoren: die Royal Yacht „Britannia“. Die ehemalige Staatsjacht der Queen liegt nicht allzu weit von unserem Bed & Breakfast,ALT im Hafen von Leith, vor Anker. Eine knappe Stunde Fußweg hilft, das üppige schottische Frühstück zu verdauen.
Das Schiff ist an einem wenig prestigeträchtigen Ort vertäut. Der Zugang erfolgt durch den zweiten Stock eines Einkaufszentrums direkt an der Kaimauer. Aber kaum hat man den Kahn betreten, befindet man sich in einer anderen Welt und atmet lebendige Geschichte. Mit einem Audio-Guide bewaffnet erkunden wir beide die Jacht von oben nach unten. Über die Brücke und vorbei an diversen Repräsentations- und Besprechungsräumen führt unser Weg schnell zu den sehenswerten Privatgemächern der Queen.
Am besten gefällt mir der Salon auf dem Achterdeck, alles schön in Teakholz gehalten. Direkt daneben befinden sich Arbeitszimmer und Schlafgemach der Königin. Besonders groß schien mir ‚dat Lisbeth‘ auf Fernsehbildern noch nie zu sein, aber die Länge bzw. die Kürze des Bettes überrascht mich dann doch. Und das von Prinz Phillip ist auch nicht viel besser. Bei dem haben bestimmt immer die Füße über das Bettende hinaus geragt beim Schlafen. In den Kinderzimmern, zum Beispiel bei Prinz Charles, schaut es ebenfalls eher etwas eng aus.ALT Aber dafür kann der Kamin-Salon unter dem Sonnendeck mit ordentlich Platz und einladender Möblierung punkten.
Nach knapp zwei Stunden sind wir wieder draußen und gehen zur Bushaltestelle. Von hier ginge eine Linie direkt bis ins Stadtzentrum. Ein kurzer Blick auf die Uhr: bis zu unserem nächsten Termin am Nachmittag haben wir noch reichlich Zeit. Also laufen wir wieder zurück zum Hauptquartier, machen uns dort noch einmal kurz frisch und fahren eine halbe Stunde später mit dem Bus nach Downtown.
Die nächste Attraktion auf unserem Tagesplan, The Real Mary King’s Close, ist Teil eines ehemaligen alten Elends­quartiers und lag früher oberirdisch. Irgendwann wurden dann auf das System von Gassen und niedrigen Häusern einfach neue Gebäude obendrauf gebaut, und die früheren Bewohner lebten fortan im Keller. Was aber keinesfalls bedeutete, daß jetzt alle ausgezogen wären. Wohin auch? Alles andere war zu teuer, also blieben die Leute einfach, wo sie waren. Ein großes Problem waren die Lüftung und die Entsorgung der Abfälle und menschlichen Ausscheidungen, sodaß es immer wieder zu verheerenden Seuchen kam.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Quartiere jedoch endgültig aufgegeben. Heute sind sie eine beliebte, wenngleich auch etwas beklemmende Touristen­attraktion. An Klaustrophobie sollte man angesichts der schummrigen Beleuchtung in den engen und niedrigen Räumen mit schlechter Luft möglichst nicht leiden,ALT das verdirbt einem vermutlich ein bißchen die Experience.
Nachdem wir wieder das Tageslicht erblickt haben, kommt bei Johannes Appetit auf, und er wünscht sich einen erneuten Besuch im Byron. Nun gut, außer Burgern gibt es dort noch andere Steakhouse-Gerichte, da werde ich wohl auch etwas finden. Warum nicht? Und wir haben gestern einen Rabattcoupon über 25% auf unser nächstes Essen bekommen, den kann man ja nicht einfach verfallen lassen…
Der zweite Tag ist schon beinahe halb rum, und wir wollen gerne die restlichen zwei Stunden unseres Hop-On-Hop-Off-Bustickets verfahren. Erstens haben wir die Stadtrunde noch nicht ganz komplettiert und zweitens sind wir nach dem Mittagessen gerade etwas träge. Wie praktisch, daß wir zur nächsten Haltestelle einfach nur aus der Tür fallen müssen. Auf dem offenen Oberdeck des Busses läßt sich mit dem Suppenkoma gut leben, da wir am Anfang zunächst einen uns bekannten Teil der Strecke abfahren. Audiokommentare in lustigen asiatischen Sprachen erhöhen hier den Unterhaltungswert.
An der Endhaltestelle der Rundtour angekommen, sind wir immer noch etwas träge, und Johannes wirft ein, daß er nichts gegen eine weitere halbe Stunde dösen bei Busgeschaukel einzuwenden hätte.ALT Ich schlage darum eine Fahrt zur Firth of Forth Bridge vor. Unser ÖPNV-Ticket gilt gerade so bis dort raus, und bei Ankunft sollten wir wieder einigermaßen wach sein. Gesagt, getan.
Schon 2013 war ich von dieser großartigen Ingenieurs­leistung aus dem 19. Jahrhundert schwer beeindruckt. Nicht umsonst zählte die große rote Stahlbrücke mit ihren drei charakteristischen Rhomben zu den Weltwundern der Neuzeit. Johannes kann meine Begeisterung nicht so hundertprozentig teilen, läuft aber trotzdem mit mir ein paar Kilometer durch den benachbarten Vorort mit seiner kleinen Ausgehmeile direkt am Firth of Forth. Der Bus bringt uns von dort aus zurück zur Princess Street. Mittlerweile ist es Abend geworden. Da wir zwei immer noch ziemlich satt sind, laufen wir ab hier zu Fuß nach Hause, also etwa drei Kilometer. Wir können uns heute keinen weiteren Restaurantbesuch vorstellen und gehen daher bei einem Supermarkt am Heimweg ein paar leichte Sandwiches fürs spätere Abendessen daheim einkaufen. Mittlerweile hat Regen eingesetzt, da fällt uns die Rückkehr in unsere gemütliche Bude leicht. Der Tag klingt aus mit Fernsehgucken im Bett.

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Sonnenuntergang über der Altstadt von Edinburgh

Montag, 30. September

Heute wollen wir Edinburgh verlassen und uns nach Norden ins ländliche Schottland begeben. Weil ich etwas Neues ausprobieren wollte, habe ich die kommende Übernachtung noch nicht gebucht, was sich angesichts der unsicheren Wetterprognose der nächsten Tage als clevere Idee herausstellen wird.ALT
Nach dem letzten Frühstück verlassen wir unser Bed & Breakfast und fahren per Bus zur Autovermietung. Dieser Reisebaustein hat mich bei der Planung der Tour am meisten Zeit gekostet, da die Kundenbewertungen der bekannten großen Firmen alle ziemlich schlecht klangen. Aber bei der kleinen, etwas außerhalb in einem Gewerbegebiet gelegenen Filiale von Arnold Clark Car Rental Co. bedient uns kompetentes und freundliches Personal. Zudem wird aufgrund unserer Herkunft unser Auto von “No-Name-Asia” auf “German Mercedes” upgegradet. Nagelneue A-Klasse, ausgestattet mit ungewöhnlich viel Schnickschnack für einen Mietwagen. Na, geht doch!
Im Laufe des Tages soll von Südwesten her ein Tiefdruckgebiet mit starken Regenfällen über Schottland hereinziehen. Wir vertagen die Entscheidung zum Thema Übernachtungsort zunächst und fahren grob in Richtung Nord-Nordost. In Callander habe ich mit den Bracklinn Falls einen der schönsten Wasserfälle Schottlands als Zwischenziel für eine kleine Wanderung ausgesucht.ALT Wir stellen unser Auto im Wald ab und laufen los. Unterwegs gibt’s einen kleinen Streit (warum auch immer), und so gehen wir den größten Teil des Weges stumm jeder für sich allein.
Weil wir uns nicht den Tag versauen wollen, vertragen wir uns, an den Wasserfällen angekommen, schnell wieder. Hier beginnen auch einige schöne Rundwanderwege, aber ich sehe am Himmel dunkelgraue Wolken aus dem Süden aufziehen. Da machen wir uns mal lieber auf den Rückweg, bevor der Regen einsetzt. Ganz trocken schaffen wir’s dann doch nicht, aber das macht nix. Jetzt einfach dem Unwetter davonfahren, immer Richtung Highlands.
Eine halbe Stunde später fällt mir beim Blick auf die Karte auf, daß der West Highland Way, auf dem ich 2017 mit meinem Kollegen Holger wandern war, nicht allzu weit westlich von uns verläuft. Bis Clen Coe sind es nur 30 Kilometer, das nehmen wir mit. Und weil ich an das Restaurant des nahegelegenen Bridge of Orchy Hotels noch sehr gute Erinnerungen habe, schaue ich auf deren Webseite nach freien Zimmern,ALT werde fündig und buche eines der letzten verfügbaren – im neugestalteten Anbau, direkt unten am Fluß. Ganz günstig ist es nicht, aber wenn schon Übernachtung bei Mistwetter, dann wenigstens ’ne gemütliche Bude.
Da die Regenfront noch ein paar Kilometer weg ist, fahren wir ins Glen Coe hinein, weil ich in einem schmalen Seitental eine Location aus dem James-Bond-Film „Skyfall“ ausfindig gemacht habe. Die will ich unbedingt heute noch sehen. Leider überrascht uns auf dem Weg dahin dann doch der erste kräftige Niederschlag, und eine längere Fotosession fällt im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser.
Wir fahren ins Hotel und reservieren einen Tisch fürs Abendessen, bevor wir’s uns in unserem Zimmer gemütlich machen. In einer Regenpause gehe ich im Nahbereich unserer Unterkunft ein paar Schritte spazieren und versuche mich an Fotos mit meinem Handy. Als die nicht so richtig gelingen wollen und die Wolken wieder aufreißen,ALT setze ich mich nochmal kurz ins Auto und düse rüber zum Loch Tulla, aber auch hier finde ich leider alles wieder Grau in Grau vor.
Jo sieht noch fern, als ich wieder im Hotel eintreffe. Wir duschen, machen uns ausgehfein und begeben uns hinüber ins Restaurant zum Essen. Mein Sohn nimmt zur Abwechslung wieder mal einen Burger, und ich versuche mich an einem geschmorten Stück Reh mit Wurzelgemüse-Stampf und allerlei Chichi. Ausgesprochen lecker, macht aber leider nicht satt. Also ordere ich als ‘Nachtisch’ eine kleine Schüssel Muscheln aus dem Loch Linnhe im benachbarten Ballaculish. Den Abschluß bildet ein Whisky von der Destillerie Highland Park, den ich an dieser Stelle vor fast exakt zwei Jahren getrunken und für gut befunden hatte. Wir trollen uns wieder in unsere Bude, glotzen noch ein wenig TV und schlafen beim Rauschen des Flusses und dem Geprassel des Regens ein.

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Regenfront zieht über Rannoch Moor

älter Färöer 2019
neuer Schottland 2020

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