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Dyngjurleið, Blick ins Fjallabak

Nach mehreren vergeblichen Anläufen im Jahr 2020 haben mein Kumpel Micha und ich es heuer endlich geschafft, unseren Reiseplan in diesem Herbst umzusetzen. Ende September haben wir fast zwei Wochen frei, ausreichend Zeit also für die ausgiebige Erkundung des Hochlandes mit einem geeigneten 4×4-Fahrzeug. Zunächst wollen wir ein paar Tage den südlichen Teil mit Fjallabak und Landmannalaugar bereisen, bevor wir in einer langen Traverse einmal mitten durch die riesige unbewohnte Ödnis Richtung Norden umsetzen werden. Mit unserer Unterkunft in Möðrudalur haben wir danach eine perfekte Basis für Touren durch das nördliche Hochland. Mal schauen, ob das so funktioniert.

Freitag, 17. September

Michael ist gestern Abend bereits bei uns in Kandel angekommen, um aus der heutigen Anreise zum Flughafen Frankfurt den Streßfaktor heraus zu nehmen, den man sonst durch unpünktliche Bahn­ver­bin­dungen immer wieder ein­kal­kulieren muß.ALT Nachdem wir beide ohne Probleme im Parkhaus in Kelsterbach angekommen sind und dort unser Auto geparkt haben, geht’s im Shuttlebus zum Terminal 2 und dort gleich zur Gepäckaufgabe. Kurze Zeit später großer Schreck beim Verlassen des McDonald’s – meine Bordkarte fehlt, und ohne die komme ich nicht durch die Security. Also wieder zurück und die Umgebung unseres Sitzplatzes auf Knien abgesucht. Der kurze Moment der Peinlichkeit wird kompensiert durch das warme Glücksgefühl der wiedergefundenen Transport­berechtigung. Eine Stunde später sitzen wir in der zu zwei Dritteln gefüllten Boeing 767, die Icelandair im Sommer auf der Frankfurt-Route einsetzt. Micha probiert bereits während des Fluges seine neu erworbene Canon EOS 5D Mark IV aus, während ich versuche, eine Mütze Schlaf zu nehmen. Wir landen pünktlich in Keflavik, und auch die corona-bedingten Extra-Kontrollen bei der Einreise kosten kaum zusätzliche Zeit.ALT Ein Shuttle unseres Mietwagen-Anbieters bringt uns zu dessen Basis in einem Hotel im ehemaligen militärischen Teil des Flughafens. Bei MyCar haben wir einen gepimpten Toyota Landcruiser reserviert, der uns dank seiner großen 30-Zoll-Reifen und der daraus resultierenden Boden­freiheit sicher auch über die buckligsten Hochland-Routen bringen sollte. Für die ersten vier Tage wohnen wir in einem Ferienhaus, südwestlich vom „Eingang“ zum südlichen Hochland gelegen. Hier ist Selbstverpflegung angesagt, und darum gehen wir auf Nummer sicher und besorgen gleich alle Lebensmittel in einem Supermarkt noch in Reykjavik. Kurz vor Sonnen­untergang treffen wir bei unserer Blockhütte ein. Schön ruhig gelegen, mit herrlichem Blick auf die Hekla, einen der aktivsten Vulkane Islands. Falls der demnächst mal ausbrechen sollte, haben wir hier exklusive Logenplätze. Bis zu den Startpunkten der populären Hoch­land­routen sind es zwar noch 40 km zu fahren, aber das war uns beiden die Preisersparnis im Vergleich zum völlig überteuerten Highland Center Hrauneyjar wert. Auspacken, kleinen Snack essen, Gerät­schaften für ihren morgigen Einsatz vorbereiten – mehr gibt’s heute Abend nicht zu tun.

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Þjófafoss bei Sonnenaufgang

Samstag, 18. September

Da ich bei Foto-Urlauben in Erwartung von gutem Licht am Morgen nie richtig fest schlafe, werde ich auch heute wieder deutlich vor meinem Wecker wach. „Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen!“ geht mir in diesem Augenblick durch den Kopf. Sonnenaufgang ist erst in einer Stunde, aber ganz im Osten sieht man einen kleinen Streifen Farbe am schwach bewölkten Himmel.ALT Da wir uns vorgenommen haben, angesichts der durchwachsenen Aussichten für die kommende Woche jede Gelegenheit für Fotos zu nutzen, habe ich Michas Einverständnis, ihn auch zu unchristlichen Zeiten zu wecken. Etwas müde und benommen steigt Herr Hyna ins Auto, während mich die Aussicht auf ein paar gute Bilder zum Sonnenaufgang an einem nahegelegenen Wasserfall schon längst auf Betriebstemperatur gebracht hat. Unterwegs zum þjofáfoss beginnt sich der Himmel bereits bunt zu färben. Am Ziel angekommen, muß ich mehrere Dinge gleichzeitig im Auge behalten: die Kamera samt Filtern und Stativ für eine schöne Belichtungsreihe aus der Menschen­perspektive und dann noch die Drohne, die ich mir extra für diesen Urlaub ausgeliehen habe, für den Blick von oben. Dank dieser Zweigleisigkeit kann die erste Location dieses Trips mit einem dicken Checkmark auf der To-Do-Liste versehen werden. Während wir unsere Sachen wieder zusammenpacken, fällt Micha ein, daß er auf dem Weg hierher die Abfahrt zu einer Nebenstrecke gesehen hat, auf der er beim letzten Urlaub mit seinem Vater ein paar fotogene Steinformationen entdeckt hatte.ALT Die schauen wir uns nochmal näher an. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreichen wir die Stelle, wo inmitten völlig anderen Untergrundes eine Gruppe von interessant geformten und schön rund geschliffenen dunklen Basaltfelsen steht. Die Form erinnert mich ein wenig an Wellen oder überdimensionale Cupcakes. Hier toben wir uns eine ganze Weile aus, bis wir die Steine in wirklich allen möglichen Perspektiven fotografiert haben. Reicht an dieser Stelle fürs Erste. Wir fahren zurück zum Haus und frühstücken erst einmal in aller Ruhe. Dabei wird die lokale Wettervorhersage genau studiert und daraus der Fahrplan für heute abgeleitet. Viele weitere Chancen auf stimmungsvoll beleuchtete Fotos ergeben sich leider nicht mehr, da von Südwesten ein Regengebiet aufzieht, das uns den ganzen Tag lang begleiten soll. Die einzige Chance besteht also in einer Flucht nach Nordosten, verbunden mit der Hoffnung, daß wir wenigstens am Anfang der heutigen Tour ein paar Motive ohne Niederschlag knipsen können. Nach dem Essen wird zügig das restliche Equipment und auch das Kochgeschirr im Auto verstaut, und dann geht’s mit Vollgas Richtung Hrauneyjar.ALT Primäres Etappenziel ist heute das bekannte Seengebiet Veiðivötn, etwa anderthalb Stunden Fahrt von unserer Unterkunft entfernt. Beim ersten Halt am Fellsendavatn erfüllt sich zumindest noch die Hoffnung auf Fotos ohne Wasser vom Himmel, allerdings weigert sich die Drohne, angesichts starker Windböen zuverlässig zu fliegen. Also geht’s nach kurzer Zeit weiter. Bei der ersten Furt über die Vatnakvísl haben uns dann die Wolken doch komplett eingeholt und lassen einen feinen – in Köln würde man sagen: fisseligen – Regen ab, der ab jetzt den restlichen Tag lang nicht mehr aufhört. Micha steigt an dieser Furt dennoch aus, weil er im Uferbereich einige bunte Pflanzen inmitten der dunkelgrauen Aschewüste entdeckt hat. Ich versuche einen Drohnenstart, aber nach 30 Sekunden Flug ist die Optik bereits komplett verwässert, und so bleibt das Fluggerät den Rest des Tages in seiner Box. Ein namenloser Abfluß des Litla Fossvatn muß in einer halbmondförmigen Furt durchquert werden. An dieser Stelle freue ich mich das erste Mal über die 30-Zoll-Reifen an unserem Landcruiser, die es uns ermöglichen, ohne allzu lange Gewässer­inspektion nach vorherigem Aussteigen durchzufahren.ALT Unsere Route führt uns in einer großen Runde durch das Seengebiet Veiðivötn. Ein ständiges Auf und Ab, denn einige Streckenabschnitte verlaufen auf den Rändern ehemaliger Vulkankrater, die nun mit Wasser gefüllt sind. Viel gibt es heute leider nicht zu sehen, denn der Regen kommt mittlerweile von der Seite, und wir bleiben lieber im Auto. Allerdings ahnen wir, wie reizvoll diese Fahrt bei schönem Wetter wäre. Nach etwa anderthalb Stunden schließt sich der Kreis, und wir stehen wieder an der Furt des sichelförmigen Mondes. Wohin könnten wir jetzt am besten noch fahren? An der direkt dahinter befindlichen Weggabelung zeigt uns ein kurzer Blick auf die Karte eine wenig befahrene Nebenstrecke zu der von mir favorisierten Route in Richtung Jökulheimar. Endpunkt dieser einmalig schönen Hochland­piste ist eine Handvoll Schutzhütten unweit vom nördlichen Rand des Vatnajökull-Gletschers. Die sollen unser Tagesziel sein. Auf den folgenden 35 Kilometern können wir trotz des feinen Regens und der mäßigen Sichtweite rechts und links von uns immer wieder ein paar schöne Impressionen der Landschaft einfangen,ALT die wegen des Dunstes hier oft wie eine tiefengestaffelte Theaterkulisse rüber­kommt. Nach einer Stunde haben wir Jökulheimar erreicht. Hunger hat sich eingestellt, da werden wir mal den Kocher anwerfen und was zum Mittag zaubern. Vom Metzger daheim habe ich eine Auswahl vorgekochter Fleischgerichte in Dosen mitgebracht, die wir hier nur noch erhitzen und mit einer geeigneten Beilage versehen müssen. Ich verspreche mir von dieser Lösung bessere kulinarische Erlebnisse als mit den Astro-Tüten aus dem Outdoorladen, die wir in den vergangenen Jahren dabei hatten und bei den eher die Nährstoffaufnahme als Genuß im Vorder­grund stand. Heute haben wir uns Gulasch ausgesucht. Dazu gibt’s vorgegarte kleine Kartoffeln, die wir gestern in Reykjavik eingekauft haben. Drinnen im Trockenen kochen wäre schön. Leider sind alle Gebäude verschlossen. Für den Zugangscode zur Schlüsselbox bräuchte man entweder eine Mitgliedschaft im isländischen Wanderverein oder viel Geduld bei der Lösung des Zahlenrätsels am Schloß des kleinen Metallkastens.ALT Beides haben wir nicht, also bauen wir unsere „Küche“ im wettergeschützten Eingangsbereich einer großen L-förmigen Hütte auf, und das funktioniert auch ganz passabel. Das Gulasch schmeckt sehr gut und gibt uns neue Energie. Nach dem Abwaschen des Geschirrs unter der Regenrinne (mit fließend kaltem Wasser) packen wir die Kochutensilien zusammen und fahren weiter. In Jökulheimar beginnt noch eine kurze rote Piste, die – sofern uns das Furten der hier stark mäandernden Tungaá gelänge – direkt zum Fuß des Tungnarjökull führt. Aber bereits auf den ersten Kilometern wird die Strecke so biestig, daß man wegen der vielen spitzen und scharfkantigen Steine nur in Schritt­geschwindigkeit voran­kommt. Zudem fehlt unserem Mietwagen leider jegliches Werkzeug, und auch sonst ist nicht damit zu rechnen, daß uns im Falle einer Panne hier heute irgend jemand zu Hilfe kommen könnte – zumal wir seit geraumer Zeit keinerlei Handyempfang mehr haben. Also riskieren wir mal lieber nix und drehen wir auf dem nächstbesten Hügel wieder um. Ein paar Beweisfotos mit dem Gletscher in Sichtweite müssen noch sein,ALT dann fahren wir wieder hinein ins graue Niemandsland. Nach zwei Stunden sind wir zurück auf der „Hauptstraße“ namens Sprengisandsleið und tanken in Hrauneyjar unser Auto wieder voll. Mobile Daten gehen auch wieder, also schnell mal das Wetter gecheckt. Die Vorhersage für die nächsten paar Stunden bis zum Sonnenuntergang sieht ganz passabel aus. Darum hängen wir noch einen kleinen Bonus-Abstecher zum Wasserfall Háifoss dran, dessen Zufahrtsweg etwa 30 km weiter westlich von der F26 abzweigt. Und tatsächlich reißen im Lauf der Fahrt die Wolken ein wenig auf und lassen hier und da Sonnenstrahlen durchscheinen. Nach einer achter­­bahn­gleichen Rüttelfahrt über die holprige und von unzähligen Schlaglöchern durchzogene Piste kommen wir etwa halb sechs am Háifoss an. Die Drohne bleibt im Auto, hier herrscht Flugverbot. Micha und ich teilen uns auf und entdecken die Motive auf dem entlang der Klippen gegenüber abgesteckten Pfad jeder für sich.ALT Der Háifoss, mit 122 Metern immerhin der dritthöchste Wasserfall Islands, fällt mit dem benachbarten Granni in einen engen Talkessel. Wenn man dem Besucherpfad bis zum Ende folgen wollte, käme man nach ungefähr einer Stunde am Fuße der beiden Fälle heraus. Allerdings sind beide gut gefüllt und versprühen ziemlich viel Gischt, so daß wir von dort unten keine brauchbaren Fotos erwarten können. Die Sonne scheint eh gerade wieder nicht, dann sparen wir uns wenigstens die Lauferei. Immerhin dringen wenig später ein paar Strahlen durch die Wolkendecke und leuchten die naheliegenden Berge kurz an. Mit diesen Fotos im Gepäck haben wir hier unser Soll erfüllt und treten den Heimweg an. Gegen 20 Uhr erreichen wir unser Haus, breiten unsere Sachen zum Trocknen aus und verspeisen eine Tiefkühlpizza zum Abendessen. Dann werden die Fotos der Tour begutachtet, und bei einer Dose Bier auf der Couch endet der erste Reisetag.

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Sonnenuntergang im Þjórsádalur

älter Schottland 2020
neuer Island 2022

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