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Haus im Lupinenmeer bei Húsavík

Freitag, 30. Juni

Heute soll das Wetter durchwachsen werden, warnt uns Bjørn beim Frühstück. Also werden wir die alte Lofoten-Taktik anwenden und dem blauen Loch am Himmel – sofern vorhanden – einfach immer hinterher fahren. Wir halten uns zunächst mal grob Richtung Ost-Nordost und legen den ersten Zwischenstop am Myvatn ein. ALTMicha hat es besonders eine große Bucht in dessen Südostecke angetan, in der sich viele kleine und kleinste Inselchen befinden – manche nicht größer als die Bäume oder Sträucher, die auf ihnen wachsen. Bereits auf den ersten Metern von unserem Parkplatz hinunter zum Seeufer ahne ich, daß ich es hier nicht lange aushalten werde. Die kleinen Fliegen, die schon an den Tagen zuvor in der Nähe von Gewässern genervt haben, tauchen hier am größten See Islands in trillionenfacher Truppenstärke auf und machen ein entspanntes Fotografieren unmöglich. Mein Versuch endet nach 5 Minuten, Micha zieht sich eine Jacke über den Kopf und hält auf diese Weise etwas länger durch, aber die Bilder bringen’s einfach nicht so richtig. Das Licht ist mittags um elf eben nicht optimal, und mit der derzeitigen Bewölkung am Himmel total langweilig.
Wir fahren weiter bis zum weitläufigen Parkplatz eines großen schwarzen Vulkankegels namens Dummborgir, auf dessen Rand man ohne große Mühe gelangt und den man auf diesem recht einfach umrunden kann. Vermutlich hat man auch eine schöne Aussicht auf den Myvatn, aber dazu kommen wir nicht, denn mir ist es hier zu voll. Der großen Schlange, die zum Gipfel des Dummborgir unterwegs ist, möchten wir uns nicht anschließen. Also weiter.
Da es im Hochland bereits erkennbar regnet, biegen wir auf der Höhe von Hrossaborg nach Norden, in Richtung Dettifoss ab. Nach etwa 10 Kilometern entdeckt Micha auf der linken Straßenseite ein paar Grashügel im dunkelbraunen Sand, an denen er sich gerne eine Weile austoben würde. ALTDa mir die Teile auf den ersten Blick nicht allzuviel sagen, bleibe ich beim Auto und mache mir einen frischen heißen Kaffee. Als Micha wieder von seiner Mini-Tour zurückkehrt, kriegt auch er seine Tasse. Mittlerweile hat uns das Regenfeld fast erreicht, und wir treten die Flucht nach Norden an. Den Dettifoss lassen wir aus, weil wir im Unterlauf seines Abflusses Jökulsá á Fjöllum die Felsformation Karl og Kerling anschauen wollen. Die Straße dorthin entpuppt sich als grottige Buckelpiste zwischen Heidekraut und halbhohen Büschen, und es dauert fast eine Stunde, bis wir den Abzweig zum Canyon erreicht haben. Leider war die große Wolke, aus der es auch immer wieder ordentlich heraus blitzt, schneller als wir. Das Zentrum des heftigen Gewitters ist jetzt genau über uns, der starke Regen mischt sich mit Hagel und Schnee. Man kann kaum 50 Meter weit gucken. Wir fahren noch bis zum Parkplatz, von dem wir loslaufen wollten, warten dort einige Minuten, aber der Niederschlag läßt nicht nach. Wir entscheiden uns zum Aufbruch.
Das Delta der Jökulsá á Fjöllum, die Schlucht Asbyrgi, hätten wir uns gerne angesehen, aber leider geht hier gerade die Welt unter. Immerhin ist die Straße wieder asphaltiert und erlaubt höhere Fluchtgeschwindigkeiten. Da der Wind aus Südwesten weht, wollen wir der Gewitterzelle seitlich ausweichen und biegen in Richtung Nordwesten, nach Húsavík ab. Eine halbe Stunde später sind wir aus dem Gröbsten raus, und bald fallen nur noch vereinzelte Tropfen.ALT Geschafft! An der Spitze der Halbinsel Tjörnes stoßen wir wieder auf ein großes Lupinenfeld. An unserer Parkstelle sitzen zudem einige recht unerschrockene Wildvögel, die ich auf recht kurze Distanz fotografieren kann. Darunter ist auch die von uns so getaufte isländische Stuka-Schwalbe, deren Fluggeräusche uns an die am Fahrwerk des Jagdbombers Ju-87 angebrachten Sirenen erinnert, die den markanten Sound dieser Terrorwaffe aus dem Zweiten Weltkrieg ausmachten.
Húsavík lebt von der Walbeobachtung. Zumindest macht das Stadtzentrum rund um den Hafen diesen Eindruck. Ticketshops gibt es so viele, daß sie auch für eine Stadt von der Größe Hamburgs reichen würden. Wir gönnen uns eine halbe Stunde Pause und einen Snack in einem Café direkt an der Hauptstraße. Ich finde in einem nahegelegenen Buchladen noch ein Erinnerungsstück für mich, und Zeit für ein paar Knipsebilder bleibt auch noch, bevor wir unser Auto wieder bewegen müssen, sofern wir nicht abgeschleppt werden wollen. Weit kommen wir nicht, denn kurz hinter dem Ortsausgang blicken wir auf der rechten Seite auf ein Meer aus Lupinen. Und als hätte jemand an die Fotografen gedacht, ist in seiner Mitte ein kleines Holzhaus aufgestellt, das vor dem Hintergrund der aufziehenden dunklen Wolkenwand sehr fotogen aussieht. Also Auto geparkt und losgezogen, um dieses Motiv richtig zu würdigen.ALT 30 Minuten später haben wir beide alle möglichen Positionen und Perspektiven ausprobiert und treffen uns wieder am Auto. Der Wind hat auf Nordost gedreht, und die große Regenfront wird jetzt wieder in unsere Richtung gepustet. Wenn wir der also dauerhaft entkommen wollen, müssen wir schon einen großen Sprung nach vorne machen und ins Hochland fahren – in der Hoffnung, daß die Wolke an irgendeinem der dazwischen aufragenden Berge hängenbleibt.
Es trifft sich gut, daß Micha zum Abschluß unseres Tages noch mal gerne eine Schotterpiste fahren würde. Die Wahl fällt auf die F26 „Sprengisandur“, deren Zufahrtsstraße 842 direkt neben dem Goðafoss beginnt. Die erste Stunde Fahrt führt durch ein grünes Tal, das zwar recht hübsch anzusehen ist, fotografisch aber keinerlei Highlights bietet. Wir peilen also mal einen bekannten Wasserfall als Ziel an, den Aldeyarfoss. So richtig viel verspreche ich mir davon zwar nicht, weil er auf Fotos immer recht langweilig und klein gewirkt hat, aber wir haben ja sonst nichts vor und lassen es auf einen Versuch ankommen.
Als wir am Parkplatz aussteigen, hört man bereits das Rauschen des Wassers. Und schon auf dem Weg zum eigentlichen Fall finden sich einige Motive und beeindruckende Aussichten auf den Fluß Skjálfandafljót. Der Pfad ist schmal, und auf einer Seite geht es etwa 60 Meter steil in die Tiefe, aber trotzdem gibt es keinerlei Absperrung oder Hinweisschilder darauf, daß allzu unachtsames Verhalten an diesem Ort dem Leben potentiell ein schnelles Ende setzen könnte. Dafür liebe ich Island. ALTHier vertraut man immer noch auf den gesunden Menschenverstand und verbietet nicht einfach alles.
Ich muß mein Urteil über den Aldeyarfoss revidieren, als ich dort ankomme. Stark! Der Hauptfall ist mit 20 Metern doppelt so hoch wie unser Haus in Kandel, und auch danach fließt das Wasser noch durch einige quirlige Stromschnellen vor einer Wand aus roten Basaltsäulen. Das taugt was. Micha und ich trennen uns wieder – wie immer, wenn ein Motiv aus möglichst vielen verschiedenen Perspektiven unter Zeitdruck abgearbeitet werden soll. Nach einer halben Stunde haben wir alles „im Kasten“ und fahren noch ein paar Kilometer auf dem Sprengisandur. Die Landschaft wird eintönig, die Wolke hat uns mittlerweile wieder eingeholt. Zeit zum Umkehren.
Da es allerdings noch nicht regnet, nutzen wir die Gelegenheit und rasten an einer der kleinen Brücken über den (oder die) Skjálfandafljót. Heute gibt’s Pasta mit Walnüssen, eins der wenigen empfehlenswerten Fertiggerichte aus dem Outdoorladen. Die letzten, im Kofferraum gefundenen Würstchen werden dazu gereicht, und ein frischer Kaffee mit einem Schoko-Eiweißriegel runden das Abendessen ab. Wir fahren anschließend entspannt nach Hause zurück und lassen den Tag ruhig ausklingen. Ich schicke wie üblich meine „Top Five“ Fotos des Tages per Handy an die Familie zu Hause, während Micha unsere restlichen Bilder von heute am Laptop begutachtet und aussortiert. Schon mal die Reisetasche packen, duschen, und um Mitternacht ist Zapfenstreich.
Morgen wird wieder ein langer Tag, den gehen wir besser gut ausgeschlafen an…

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nördliches Ende des Sprengisandur

älter Von Canon zu Fuji
neuer West Highland Way 2017

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