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der Fluß Hvíta, kurz nach dem Gullfoss

Fünf Tage Fototour durch Island. Zur besten Reisezeit im August. Mit dabei mein bester Kumpel Micha, Johannes’ Patenonkel. Wir haben uns ein straffes Programm vorgenommen. Von Reykjavik aus wollen wir die fotografischen Highlights im Süden und Westen der Insel besichtigen. Ich freue mich schon ewig wie Bolle drauf.

Donnerstag, 11. August

Wir fliegen mit Icelandair von Berlin-Schönefeld nach Keflavik. 300 Euro für hin und zurück sind ein echtes Schnäppchen. Da können wir bei der Unterkunft etwas mehr ausgeben und wohnen während unseres Aufenthaltes in Island im “Hilton Reykjavik Nordica”, einem modernen Stadthotel im skandinavischen Stil. Unser Zimmer hat eine phantastische Aussicht auf die Stadt und die Berge im Norden. Das Zentrum von Reykjavik erreicht man in 20 Minuten zu Fuß. Am ersten Tag steht die “Golden-Circle-Tour” in einer extended Version auf dem Programm. Glücklicherweise spielt das Wetter mit, und so können wir den Geysir Stokkur, den Gullfoss und die Ausläufer des Langjöküll bei blauem Himmel mit einigen kleinen Wolken fotografieren. Mein Stativ mit Fernauslöser macht sich bezahlt. Damit auch die Bildung nicht zu kurz kommt, besichtigen wir das Thermalkraftwerk Hellisheiðarvirkjun, etwa 20 Kilometer östlich von Reykjavik. Dieses versorgt die Region um die isländische Hauptstadt nicht nur mit Strom, sondern gleich auch noch mit Warmwasser. Wir lassen uns auf einer kleinen Führung mit einem der Ingenieure die Arbeitsweise zeigen und können einen Blick in die Turbinenhalle werfen. Ganz stolz verkündet unser Führer, daß die Anlage ein deutsches Fabrikat ist. Das Beste vom Besten also. Da schwillt uns gleich die Brust an. Und draußen vor der Tür dann auch direkt noch die Nase: Mein lieber Mann, riecht das hier penetrant nach faulen Eiern! Ein Nebeneffekt der geothermischen Energiegewinnung, an den wir uns direkt gewöhnen sollten, denn der heiße Dampf, der hier in Island an allen möglichen Stellen aus der Erde austritt, enthält eine nicht unerhebliche Menge Schwefelwasserstoff.
Das coolste Feature des Kraftwerks ist ein Raum, den ich mal als „Boom Room“ bezeichnen würde – ein Erdbebensimulator. Ein Zimmer mit leicht vibrierender Bodenplatte und ansonsten vollgestopft bis unter die Decke mit Subwoofern. Man wählt an einer Infotafel eine Erdbebenstärke seiner Wahl, drückt den Action-Button und genießt das dumpfe Grollen, das daraufhin den Raum durchdringt. Als Preset abgespeichert sind die Top Ten der stärksten Erdbeben der Geschichte. Und da sind sie: alle Klassiker, die der versierte Kenner nicht missen möchte – das große Beben von San Francisco aus dem Jahre 1906, das Seebeben im indischen Ozean vor Sumatra vom 26. Dezember 2004 (löste den Tsunami aus, dessen Fernsehbilder uns noch lebhaft im Gedächtnis präsent sind), noch mal eins aus der Region mit dem Ausbruch des Krakatau 1883 und schließlich an der Spitze das Erdbeben von Valdivia (Chile) von 1964 mit einer Stärke von 9,5 auf der Richterskala. Das rumst ganz schön. Letztlich dient die ganze Installation der anschaulichen Erklärung über die Folgen der Verschiebung von Erdplatten, auf deren zwei die Insel Island liegt. Nämlich auf der eurasischen und der nordamerikanischen Platte, die pro Jahr etwa 3 Zentimeter – und das ist großes Glück für die Isländer – auseinander driften.
Weiter geht die Fahrt entlang der Ringstraße Richtung Osten, vorbei an einigen größeren Gewächshauskomplexen, wo – dank der günstigen Versorgung mit Fernwärme und Energie aus dem Kraftwerk von eben – allerlei Gemüse und Obst angebaut werden können, die man normalerweise auf diesem Breitengrad nicht antreffen würde.
Der nächste Streckenabschnitt führt uns vorbei am, zumindest von weitem ziemlich langweiligen, Nationalpark Þingvellir (der komische Buchstabe am Anfang wird wie das englische „Th“ gesprochen). Den lassen wir also links liegen und halten etwas später an der Straße, weil dort auf den Feldern riesige Rollen aus mit Plastik ummantelten Strohballen herumliegen. Das gibt ein paar gute Motive ab, und so halten wir uns hier etwas länger als ursprünglich beabsichtigt auf.
Überall – meine Tochter Paula würde schier ausflippen – sieht man Islandpferde in mehr oder weniger freier Wildbahn herumlaufen. Mittlerweile gibt es davon in Deutschland mehr als in ihrer ursprünglichen Heimat. Allerdings sind die meisten hier recht scheu und nehmen Reißaus, wenn wir uns den Weiden nähern. Feiglinge!
Am Geysir Stokkur ist es recht voll. Ganze Buskarawanen fahren hier am Parkplatz vor und entladen Massen von Touristen. Aber dank meines Statives kann ich am Stokkur ganz nach vorne zur Absperrung gehen und es dort in den heißen Abfluß des Geysirs stellen, wo ich mit Fernauslöser sehr entspannt einige Reihenaufnahmen des Ausbruchs machen kann. Beim Gullfoss das gleiche Bild. Myriaden an Sehenswürdigkeiten-Abklapperern kommen hier vorbei. Uns immer direkt auf den Fersen: eine Jeep-Safari mit lauter lauten Italienern drauf. Wir können sie jedoch wenige Kilometer vor dem Wasserfall überholen und gewinnen wertvolle Minuten, um Fotos ohne allzu viele störende Menschen aufzunehmen. Ich muß nur aufpassen, daß a) mir die Gischt des Wasserfalls nicht die Objektive total versuppt und b) ich bei der Suche nach dem optimalen Standort nicht zu nah an die Kante der Schlucht gerate, in die der Gullfoss stürzt. Denn sonst war’s das. Da kommt man kaum lebend raus. Alles geht gut, und die Bilder sind auch ganz brauchbar.

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Islandpferde vor dem Langjöküll

 

Freitag, 12. August

Für den zweiten Tag haben wir uns eine ziemliche Hammertour vorgenommen: 450 km sind es one-way bis zum Gletschersee Jökulsarlon in Südostisland. Unterwegs muß natürlich auch noch der ein oder andere Fotohalt eingelegt werden, denn nach Möglichkeit wollen wir kein gutes Motiv verpassen. Eine Stunde nach der Abfahrt in Reykjavik passieren wir den Seljalandsfoss, eins meiner Lieblingsmotive. Die Stelle wird markiert, denn hier kommen wir heute abend im schönen Licht nochmal vorbei. Vor der Reise habe ich in der Fotocommunity wieder einmal ausgiebig Fotos durchforstet und Locations aufgeschrieben, an denen ich gerne entlang fahren würde.
Unterwegs finden wir ein paar Restbestände isländischen Waldes und nehmen ein touristisches Highlight, den Wasserfall Skogafoss mit, denn man weiß ja nie, ob’s nicht später doch noch regnet. Aber im Augenblick scheint die Sonne, und so bleiben wir einige Zeit hier vor Ort, wo der Fluß auf wirklich beeindruckende Weise in die Tiefe rauscht. Wieder müssen wir uns um Anti-Versupp-Maßnahmen kümmern, denn auch dieser Wasserfall sprüht ordentlich Gischt herum. Ein kurzes Picknick; und dann geht’s weiter. Irgendwo hier in der Nähe muß noch ein gut erhaltenes Flugzeugwrack aus dem zweiten Weltkrieg liegen, das ich gerne fotografieren würde, denn der Kontrast von blankem Aluminiumgerippe auf schwarzem Vulkansand gefiel mir auf Bildern im Internet ungemein. Leider kommt man ohne Geländewagen nicht bis zur Absturzstelle, und so muß das Motiv unabgelichtet bleiben.
Wir passieren den reizvollen Ort Vik í Myrdal. Hier ist es richtig schön. Viele bekannte Island-Fotomotive befinden sich in der näheren Umgebung. Allerdings können wir hier nicht allzulange verweilen, denn wir haben noch mehr als die Hälfte der Strecke vor uns. Mehr als ein kleiner Tankstopp und ein Snack im Bistro ist nicht drin. Aber sollte ich noch mal nach Island kommen, ist Vik definitiv mit auf meiner Reiseroute. Auf dem weiteren Weg wehen immer wieder dichte Wolken aus Vulkanasche über die Straße. Kein Wunder, denn vor 3 Wochen ist der Grimsvötn ausgebrochen und hat sich noch immer nicht ganz beruhigt. Man kann die Rauchschwaden gut erkennen, der Vulkan selbst jedoch bleibt verborgen in den Weiten des Vatnajöküll.
Der Jökulsarlon ist schon ein echter Knaller. Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich richtige Eisberge. Kleine zwar nur, aber ich bin trotzdem begeistert. Langsam treiben sie von der Abbruchkante des Vatnajöküll, Europas größtem Gletscher, Richtung Meer. Dazwischen schwimmen immer mal wieder ein paar Seehunde herum, aber näher als 10 Meter trauen sie sich nicht ans Ufer heran. Heute ist es leider bewölkt und ziemlich stürmisch, so daß wir unseren Aufenthalt nach ca. 1,5 Stunden schon wieder abbrechen müssen, um nicht komplett durchnäßt die Heimreise anzutreten.
Auf dem Rückweg finden wir mit der Lagune des Svinafjell-Gletschers noch ein adäquates Motiv, das wir ausgiebig ablichten. Aber es drängt die Zeit, denn laut meiner Recherche müssen wir’s bis 21 Uhr zum sehr fotogenen Seljalandsfoss schaffen, um diesen tollen Wasserfall noch im schönen Licht zu erwischen. Ich trete also ordentlich aufs Gas und werde, an einer der vermutlich einsamsten Stellen der Ringstraße, gelasert. 120 km/h, wo 90 erlaubt sind, macht 300 Euro, durch Sofortzahlung mit Kreditkarte bekommen wir 25% Rabatt. Hat sich gelohnt. Für den Polizisten jedenfalls. Der lächelt entspannt: “It’s always the Germans that are the fastest drivers.” Klar, darum stellen wir ja den aktuellen Formel-1-Weltmeister. Von nix kommt nix. Bloß gut, daß der Herr Beamte heute Morgen noch keine Schicht hatte, als wir – mit Micha am Steuer – dieselbe Stelle mit 160 km/h passiert haben. Vermutlich würde ich jetzt noch die Strafe in kleinen Raten abzahlen müssen. Uns bleibt wegen der nicht unerheblichen Erleichterung der Reisekasse und der späten Heimkehr nach Reykjavik wieder nur der karge Mitternachtssnack an der 24/7 Tankstelle. Die kennen uns noch von gestern…

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Amphibienfahrzeug im Jökusárlon

älter Lofoten 2010
neuer Lofoten 2011

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