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auf dem Ben Nevis

Freitag, 17. Mai

„Gratulerer med Dagen!“ Heute ist der 17. Mai, Norwegens Nationalfeiertag. Also ziehe ich heute mein Norge-Shirt an, schreibe als erstes mal Grußnachrichten an alle meine dortigen Bekannten und gehe Hermann und Micha den ganzen Tag mit den Bemerkungen auf den Wecker, wie sehr mich doch die hiesige Landschaft an mein gelobtes Land erinnert. Dies jedoch nicht ganz zu Unrecht, denn hier in den Highlands sieht es wirklich aus wie in Mittelnorwegen. Die langgestreckten Seen mit ihren bewaldeten Steilufern könnten genausogut Fjorde sein – speziell in der Gegend um Loch Linnhe könnte man einen Film produzieren, der eigentlich am Oslofjord spielen soll, falls man dort die erforderlichen Genehmigungen fürs Drehen „on location“ nicht erhielte.
Frühstück müßte heute eigentlich Spätstück heißen, denn das gibt’s erst nach 12 Uhr. Insofern praktisch, weil wir wahrscheinlich vor dem Abend nichts weiter essen werden und die zu überbrückende Zeit bis dahin nicht so lang wird. Hermann und Micha sind von meinem Vorschlag zum Tagesprogramm, im Glen Affric rund um das gleichnamige Loch zu wandern, nicht recht begeistert. Sie wollen lieber ans Meer, darum entscheiden wir uns als Kompromiß für den Berg Ben Nevis und hinterher vielleicht noch einen Abstecher nach Mallaig an der Westküste. Heute ist wieder schönes Frühlingswetter, 15°C und Sonne mit Wolken, bei schwachem Wind. Hier befindet sich übrigens die Vegetation in dem Zustand wie bei uns daheim etwa vor vier bis sechs Wochen – am Ufer des Loch Ness blühen gerade die Osterglocken, und die Bäume bekommen zartgrüne Blätter. Na, noch eine Woche mit solchem Wetter wie heute, dann trägt auch Schottland komplett Grün.
Laut Reiseführer soll der Gipfel des Ben Nevis, immerhin etwa 1400m hoch, meistens wolkenverhangen und somit nicht zu sehen sein, weshalb wir es als Glück bezeichnen können, daß man ihn heute bereits von weitem gut erkennen kann. Am Parkplatz des Ski Resorts stellen wir unser Auto ab und nehmen die Seilbahn nach oben. Ganz bis zum Gipfel des Berges fährt sie nicht, denn der befindet sich etwas abseits. Eher bis zur Hälfte, aber auch von dort hat man schon eine tolle Aussicht, so daß wir uns den weiteren Aufstieg über Schneefelder und unwegsames Gelände sparen können. Gute Fotos bekommt man auch vom Aussichtspunkt des Aonach Mor, der nur wenige Gehminuten von der Bergstation der Drahtseilbahn entfernt liegt. Hermann überbrückt die Zeit, in der Michael und ich fotografieren, in dem er uns verschiedene Utensilien wie Wechselobjektive und Stative vorbereitet oder als Lichtdouble für die Gruppenfotos mit Selbstauslöser einspringt. Sein wahres Potential zeigt er jedoch, als ich ihn bitte, für ein Bild mit dem Podest der Aussichtsplattformerklärungstafel so zu posieren, als ob er eine Rede hielte. Hermann beweist Improvisationstalent und liefert eine Ansprache zum Thema „Gipfelbesteigung muß für Bürger aller sozialen Schichten möglich sein“ ab, die mich dermaßen zum Lachen bringt, daß ich mich kaum aufs Knipsen konzentrieren kann. Wir verbringen eine reichliche halbe Stunde hier, bevor Micha den Wunsch nach Fotos im Schnee äußert. Wir gehen zurück zur Seilbahnstation und von dort noch ein paar Meter bergauf, wo bereits die ersten größeren weißen Flächen beginnen. Herr Haun und ich setzen uns nach einigen Minuten etwas unterhalb der Schneefelder ins Gras und genießen die herrliche Aussicht, während unser dritter Mann auf der Suche nach dem perfekten Foto anscheinend doch noch die Gipfelbesteigung wagt – so klein ist er mittlerweile nur noch auszumachen. Hier oben beginnen diverse Downhill-Routen für Mountainbikes, von denen auch reichlich Gebrauch gemacht wird. Alle paar Sekunden spuckt die Seilbahn neue Radfahrer aus, die den Nervenkitzel auf einer der wirklich hervorragend ausgebauten Abfahrtstrecken suchen. Direkt zu unseren Füßen befindet sich die Startrampe in Form eines überdimensionalen Holzauges.
Zurück im Tal genießen wir einen echten Kaffee aus der Barista-Maschine, nicht so einen Instant-Kram, wie er sonst hier üblich ist. Und schon nach kurzer Zeit geht es wieder los, diesmal entlang des Loch Linnhe Richtung Küste, nach Mallaig. Wirklich schöne Gegend hier, ein tiefes Tal mit kleinen Seen, einsamen Gehöften und wenigen Bäumen. Kurz vor unserem Endpunkt entdeckt Micha auf der linken Straßenseite einen schneeweißen Strand, den wir uns für die Rückfahrt vormerken. In Mallaig selbst gibt es nicht allzuviel zu sehen. Ein kleiner Zweck-Ort, wo die Fähren zur Isle of Skye ankommen und abfahren. Wir kommen gerade rechtzeitig, um zwei der Schiffe gleichzeitig im Hafen einlaufen zu sehen. Nachdem die beiden Pötte ordnungsgemäß am Pier vertäut sind, machen wir kehrt und fahren zurück Richtung Fort William – nicht daß uns in den wirklichen schönen Ecken dieser Region das schöne Licht ausgeht. Die Sonne steht immer noch recht hoch am Himmel und uns bleibt reichlich Zeit zum Fotografieren. Der weiße Strand sieht zwar toll aus, aber mir fehlt hier ein wenig die Inspiration für gute Bilder. Vielleicht bekommt Micha mit seinem Extrem-Weitwinkel bessere Aufnahmen hin. Einige Kilometer weiter, in Arienskill, steht mein Motiv des Tages: ein einsames weißes Bauernhaus an einem Mini-See mit bewaldeter Insel. Es wird noch von der Abendsonne angestrahlt, während sich an den nahegelegenen Bergen bereits dunkle Regenwolken in Position bringen. Hermann wartet im Auto, während Michael und ich ausgiebig um das Gehöft herumstreifen, um ein paar schöne Fotos der Umgebung zu machen.
Auf dem Rückweg gibt es nur noch vereinzelte Versuche, den von der untergehenden Sonne beleuchteten Ben Nevis mit diversen Vordergrundszenerien abzulichten. Aber irgendwann ist einfach die Luft raus und der Hunger größer als der Wunsch nach guten Bildern. Zurück in der Abtei machen sich meine Reisebegleiter ans Kochen, während ich die Fotoausbeute des heutigen Tages begutachte. Wir essen Penne Carbonara, teilweise aus Fertigsauce, mit einem gewissen improvisierten Anteil – Micha tut sein Bestes, um der Sauce ihren Industriegeschmack zu nehmen. Der Tag endet mit einer Flasche Bier im Clubraum…

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Arienskill

älter Wintertour 2013
neuer 3H-Tour 2013, Teil 2

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