
Inverness
Donnerstag, 16. Mai
Hermann und Micha schlafen noch, als mich gegen halb acht eine Kombination aus innerer Uhr und grellem Sonnenschein weckt. Haben wir doch glatt vergessen, die Vorhänge zuzuziehen! Aber egal: Ich fühle mich halbwegs fit und stehe direkt auf. Weil unser Kühlschrank derzeit nicht mehr als eine Halbliterpackung Milch enthält, mache ich mich auf den Weg in den Ort, um erst einmal Sachen fürs Frühstück einzukaufen. Direkt an der Schleuse gibt es einen kleinen Supermarkt, wo man die wichtigsten Dinge für den täglichen Bedarf findet. An die McDonald’s-Brötchen, die man hier zu fast ausschließlich zu kaufen bekommt, muß ich mich noch gewöhnen. Ein eingehender Blick auf die Zutatenlisten der Standard-Nahrungsmittel läßt den Lebensmittelchemiker frohlocken: alle E’s und (aus Kundensicht zweifelhaften) Hilfsstoffe untergebracht. Yippie! Richtigen Kaffee finde ich auch nicht, nur lösliches Zeug. Beim Metzger an der Schleuse gibt’s Lachs und Marmelade, aber keine Wurst. Komisch – kennen die denn so was hier gar nicht? Immerhin leckere Steaks liegen herum. Merken wir uns das mal…
Zurück in der Wohnung sind die Herren Reisebegleiter inzwischen aufgestanden und haben den Tisch gedeckt. Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir unsere Sachen und fahren nach Inverness, um Vorräte einzukaufen. Daraus entwickelt sich ein mehrstündiger Stadtrundgang, der so gar nicht vorgesehen war – aber hier gibt es einige fotografisch interessante Ecken zu finden. Micha experimentiert begeistert mit seinem neuen Super-Weitwinkelobjektiv herum, Hermann und ich knipsen ebenfalls die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ab. Gerade, wenn man vom Stadtzentrum aus dem Caledonian Canal flußaufwärts folgt, wird die Umgebung richtig schön grün. Kleine Häuser und gepflegte Parkanlagen prägen das Bild.
Wir essen einen Mittagssnack in der Cafeteria des „Eden Court“ – Theaters, einem modernen Bau mit ansprechender Architektur. Was dazu führt, daß Hermann und ich unseren Kumpel Micha immer nur kurz zu sehen bekommen, weil der permanent neue Motive findet, die sich zur Ablichtung mit einem Extrem-Weitwinkel eignen. Sind sehr coole Bilder darunter. Gegen 15 Uhr beenden wir unseren Stadtrundgang und fahren zu Aldi einkaufen. Für 80 Pfund wird der Kofferraum unseres Autos vollgeknallt. Wir amüsieren uns über die Riesenpackungen Chips, die es hier zu kaufen gibt. Mit zweien, die so groß sind wie bei uns im Supermarkt die 5kg-Holzkohle-Packungen, machen wir ein Erinnerungsfoto. Jetzt sind wirklich auch die letzten Zweifel ausgeräumt warum ein nicht unerheblicher Teil der hiesigen Bevölkerung Kleidergröße XXL und aufwärts tragen muß.
Auf dem Rückweg halten wir am Urquhart Castle, einer Burgruine direkt am Ufer des Loch Ness. 9 Euro Eintritt für eine reichliche halbe Stunde verbleibender Öffnungszeit sind zwar nicht gerade ein Schnäppchen, aber mich reizt die Aussicht, ein paar Langzeitbelichtungen ausprobieren zu können. Micha stromert auf eigene Faust in der Burganlage herum, während Hermann mir freundlicherweise beim Fotografieren assistiert. Dank des Graufilters, der auch bei Tag Belichtungszeiten von über 2 Minuten erlaubt, sind die meisten der Touristen, die immer noch recht zahlreich hier herumlaufen, auf den Bildern später kaum zu sehen. Cool! Zusammen mit dem Wärter, der um halb sechs die Burg abschließt, verlassen wir Urquhart Castle und fahren wieder zurück nach Fort Augustus.
In unserer Abtei angekommen, werden nur schnell die Lebensmittel ausgeladen. Dann geht es direkt weiter zum Essen in den Pub, denn außer einem Dreiecks-Sandwich (das sich Hermann und ich auch noch geteilt haben) und der Mini-Mandel-Tarte, die Micha zum Lunch bestellt hat, haben wir seit dem Frühstück nichts gegessen. Außerdem wollen wir eine Wiederholung der gestrigen Odyssee durch die bereits prall gefüllten Pubs und Restaurants vor Ort vermeiden. Direkt an der Schleuse, im „The Bothy“, werden wir fündig und bekommen (bitte beachten: für britische Verhältnisse) recht ordentliches Essen serviert.I Als Nachtisch gibt’s einen Whisky, und dann gehen wir zurück zur Ferienwohnung.
Hermann und Micha werten schon mal den Tag aus, während ich ein paar Fotos unserer Abtei im Abendlicht schießen will. Am Ende bin ich über eine Stunde unterwegs, bevor mir auffällt, daß es mittlerweile doch recht frisch geworden ist. Also noch mal rein ins Haus, Fleecejacke untergezogen und wieder los. Im Kreuzgang des Klosters treffe ich auf meine beiden Freunde, die sich im Clubraum an HDR-Aufnahmen versuchen. ch will nicht im Weg rumstehen und begebe mich auf die Suche nach weiteren Motiven im Haus. Aber mittlerweile ist die Sonne schon fast weg und das Gebäude innen doch entsprechend dunkel. Also wieder raus – sonst hätte ich ja auch die Zwischenschicht nicht anziehen brauchen. An der Schleuse bekomme ich noch ein paar brauchbare Aufnahmen der örtlichen Kneipenlandschaft zustande, bevor auch die blaue zur grauen Stunde wird und das Licht zum Fotografieren nichts mehr taugt. Zurück in der Wohnung werden die Bilder des Tages ausgesucht und sortiert. Gegen zwei Uhr morgens endet der erste vollwertige Urlaubstag…
Caledonian Canal in Fort Augustus

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